"Unser Leben ist ein Schatten auf Erden" - Gedanken von Dekanatskantor Beyrer

Schatten
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„Unser Leben ist ein Schatten auf Erden.“ – so hören wir es in einer Motette von Johann Bach, einem Großonkel des uns vertrauten Johann Sebastian.
Ist unser Leben nur ein Schatten? Nicht greifbar, abhängig vom Lichteinfall, schnell entstanden und ebenso wieder verschwunden? Gar vergessen, da längst neue, andere Schatten zur Faszination auffordern? Wird uns in jüngerer Zeit unsere Anfälligkeit und Unbeständigkeit gar stärker bewusst als in den Hochzeiten, die wir in „Saus und Braus“ verbrachten? – Unsere Zeiterscheinungen bergen Möglichkeiten, unser irdisches Leben neu zu denken. Eigentlich sind wir nun endlich genötigt, vieles neu und anders zu denken und zu leben. Die weiteren Worte der Motette verkünden nicht nur Trost, sondern bedeuten Zuversicht: … „meinen Jesum lass ich nicht. / Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich gläubet, der wird leben ob er gleich stürbe, und wer da lebet und gläubet an mich, der wird nimmermehr sterben.“ –

Mich haben die Worte von Wolfgang Schumacher in der Predigt zum Reformationstag in Neustadt berührt. Wir sind beheimatet in unseren menschlichen Kontakten und Erfahrungen, die in einer Sammlung unser Leben bedeuten. Da sind Schatten erhalten: kleinere und größere, schärfere und verschwommene, die sich mit der Umgebung verbinden. Schatten, die sich lang ziehen und in der Ferne in ein Ganzes übergehen. Dort dann grenzenlos.

Wir leben der Schöpfung nach in Zyklen. Es gibt Schatten und Vergehen, es gibt die weihnachtliche Botschaft, die wir oft am 3. Christtag schon wieder ein wenig vergessen, es gibt ein Ostern, dass jeden Kalendertag durchdringt. Gelingt es, uns in diesen Kreisläufen wiederzufinden, entdeckten wir vielleicht unerwartete Schlüssel für unser Lebensverständnis, das uns möglicherweise etwas bescheidener, aber umso bewusster macht, um ein Teil im Geflecht der sich erfüllenden Schöpfung zu sein, wie ein einzelner Ton im großen Klanggebilde. Das alles ist [nur] ein Schatten von dem, was kommen wird, die Wirklichkeit aber ist Christus (Hebr 10,1).

Kantor Christoph Beyrer.